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DER KAUFMANN VON VENEDIG nach William Skakespeare

Die Haupthandlung spielt in Venedig, zur Zeit Shakespeares die merkantile Metropole überhaupt. So wie heute Frankfurt, London oder die Wall Street in New York.

Wer eine reiche Frau heiraten möchte, darf nicht arm sein: Bassanio hat Geld verzockt, will aber die schöne Erbin Porzia heiraten. Antonio, sein Freund, ist ein Kaufmann, dessen Reichtum auf Überseehandel beruht. Weil er seinem Freund helfen will, bürgt er für Bassanio bei Shylock, der gegen Zinsen Geld verleiht. Gewerbsmäßig, wie eine Bank. Für Antonio will Shylock aber auf die Zinsen verzichten. Anders als die Bank und entgegen dem Klischee vom jüdischen Wucherer ist er kein Kredithai. Er will nur wie abgemacht sein versprochenes Pfand – eines, das man nicht kaufen kann.

Porzia, die Umworbene, kann auf das reiche Erbe ihres verstorbenen Vaters setzen, wenn sie dessen letzten Wunsch erfüllt: Die Heiratskandidaten sollen aus drei Kästchen das richtige wählen und sich damit seiner Tochter für würdig erweisen. Der Kapitalist wusste, wie leicht man sich vom bloßen Schein blenden lassen kann. Porzia ist damit so reich, dass sie Antonios Schulden an Shylock zigfach zurückzahlen könnte. Shylock aber lässt sich nicht kaufen und verzichtet. Ihm geht es nicht ums Geld. Anders seine Tochter Jessica. Sie besorgt sich ihre Mitgift gleich selbst und verkauft sich an Lorenzo, der beides mit Freuden nimmt. Am Ende des Stückes profitiert sie wieder, wie auch Antonio. Vom Gelde Shylocks. Dem bleibt nichts. Man hat gut getrickst. Ein „gülden Ringlein“, kaum von Wert, stellt dann noch einmal die Liebenden auf die Probe. Sie bestehen sie eigentlich nicht, denn sie sind unfähig, den ideellen Wert des Ringes als Treuesymbol zu erkennen. Fazit: Antonio, der Global Player der Renaissance, weiß nicht, warum er so traurig ist. Und Shylock, der Urvater aller jüdischen Bankiers, bankrott, von Gott verlassen, von der Welt – und seiner Tochter – betrogen, weiß: „Gewinn ist Segen, wenn man ihn nicht stiehlt.“

„Der Kaufmann von Venedig“, verwirrenderweise Komödie genannt, ist über 400 Jahre alt. Die deutsche Übersetzung wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht, also vor mehr als 150 Jahren. Es ist eines der Werke Shakespeares, die man nur selten sieht. In Salzburg zuletzt 1961/62 auf der Bühne des Landestheaters. Denn das Stück ist „belastet“, weil es propagandistisch missbraucht und antisemitisch inszeniert und gespielt wurde – von durchaus großen Künstlern ihres Faches. Aber ist es deshalb ein antisemitisches Stück?

Am „Kaufmann von Venedig“ scheiden sich bis heute die Geister. Es existieren viele unterschiedliche Lesarten, je nach geschichtlichem, literarischem, kulturellem und politischem Kontext, im Mittelpunkt der Rezeptionsgeschichte steht aber traditionell die Frage nach dem impliziten oder expliziten Antisemitismus des Stückes im Mittelpunkt, nach Shylocks Recht auf Rache, nach dessen Schuld und Sühne. Shylocks „Verbrechen“ besteht im Geldverleih, der legal ist. Davon abgesehen, dass ihm als Juden bürgerliche Berufe verboten sind. Täglich wiederkehrende Demütigungen und Beleidigungen nähren seinen Hass. Auf der anderen Seite wird auch er gehasst, sogar von seiner eigenen Tochter. Seine unstillbarer Durst nach Rache und sein Beharren auf seinem Recht machen ihn zu einer Persönlichkeit, die sich zu einer absurden Tat versteigt. Opfer sehen für die meisten anders aus. So galt es den Zeitgenossen Shakespeares als Gnade, wenn Shylock durch eine christliche Zwangstaufe für die Gesellschaft „gerettet“ wird. Schließlich befinden wir uns zeitlich noch vor der Aufklärung. Den Begriff der Toleranz kennt man noch nicht. Den des Holocaust allerdings auch nicht.
In England gehört der "Kaufmann von Venedig" zu den viel gespielten Shakespeare-Stücken. Fast jeder der großen Shakespeare-Darsteller der letzten Jahrzehnte glänzte einmal in der Rolle des Shylock, von Lord Laurence Olivier über Sir John Gielgud, Peter O'Toole bis hin zu Patrick Stewart, der dafür einen Olivier-Award bekam. In Israel ist „Der Kaufmann von Venedig“ das meistgespielte Shakespeare-Stück. In Deutschland herrscht nach Auschwitz und dem Zivilisationsbruch des Holocaust eine latente Unsicherheit im Umgang mit dem Werk. Hier gilt es nach wie vor als riskantes Unternehmen, den „Kaufmann“ auf die Bühne zu bringen.

Ab:
23.10.2009 um 19:30

Aufführungsort:
TriBühne Lehen, Neue Mitte Lehen Salzburg, Salzburg, Österreich

Veranstaltungsart:
Theater

Weitere Termine:

Weitere Vorstellungen am:
6./8./13./15./18./19./20./24./25. & 28. November 2009
immer 19:30 Uhr Beginn



Kommentare (1)

Premiere vom 5.11.09

Ich hatte das Glück bei der Premiere am 5.11.09 der absolut genial gelungen Neuaufnahme von "Der Kaufmann von Venedig" zu erleben. Es war ein unvergesslich spannender, bewegender und lustiger abend. Das Stück war durch und durch perfekt ! Geniales Bühnebild, perfekte Musik und grandiose SCHAUSPIELER/INNEN.
Ein Lob an den Regisseur für seinen Mut sich in Salzburg über so eine Herausforderung drüber zu trauen ! Seine Arbeit, sein Gespür und vor allem sein grandios zusammengestelltes Ensemble wird mit tosendem Applaus des begeisterten Publikums belohnt !!! Weiter so ! Ich freue mich schon auf die nächsten Werke !
Alles Liebe Susanne H.


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