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"Der Letzte Tod des Frenki Tränchen" von Slobodan Vujanović

Deutschsprachige Erstaufführung im Hamburger Sprechwerk:
Das “brandneue Märchen“ von Serbiens Nachwuchsautor Slobodan Vujanović erzählt auf ebenso groteske wie erschütternde Weise von den Auswirkungen von Krieg und Gewalt auf eine Belgrader Familie. Die Kinder dürfen sich von ihrem Vater zu Weihnachten wünschen, wie sie umgebracht werden wollen: je abstruser der Tötungswunsch desto neidischer die Geschwister. Betroffenheitsgedusel ist dabei nicht Vujanovićs Sache, sein Stück ist eine aktionsgeladene Farce voller schräger Poesie, absurdem Humor und verstörendem Sarkasmus.

Weihnachten steht vor der Tür. Vater Petar, Mutter Sanja und ihre drei Kinder stehen in freudiger Erwartung auf das wundervolle Familienfest. Tochter Marija, ihr Bruder Marko und der jüngste Sohn Frenki sind mit Begeisterung dabei, sich gegenseitig mit ihren Weihnachtswünschen immer wieder neu zu übertreffen. Frenki möchte erwürgt werden, Marko zieht Erschiessen vor, während Marija sich ausmalt, wie sie von der 19. Etage eines Wohnhauses hinunter gestossen wird – allerdings braucht sie dafür zuerst das neue lila Kleid aus dem Schaufenster. Der Vater Petar hat seinen drei Kindern nämlich in Aussicht gestellt, sie alle umzubringen, sofern sie sich eine besonders originelle Tötungsart ausdenken. Die Verzweiflung der Kinder ist gross, wenn der Tochter oder dem Bruder etwas Besseres einfällt. Wie ein Ritual ziehen sich die diversen Tötungswünsche der Kinder durch das Stück.
Für den kleinen Frenki kommt erschwerend dazu, dass es ihm partout nicht gelingt, richtig zu weinen. So oft und intensiv er es auch versucht, stets läuft nur eine vereinzelte Träne über seine Wange. Und da auch die Schule keinen nachhaltigen Unterricht in Weinen verspricht, lässt Frenki sich bereitwillig von Eltern und Geschwistern drangsalieren, um vielleicht doch noch in den Genuss von ein paar echten Tränen zu kommen.
Mutter Sanja ist schliesslich - da der Vater trotz Arbeit als Lehrer kein Geld verdient - bereit, sich zu prostituieren, um die Familie doch noch aufrecht zu erhalten. Aber natürlich führt auch dieser Weg nur tiefer in Abhängigkeiten und Schuld.

Der Autor
Slobodan Vujanović wurde 1975 in Belgrad geboren, wo er Drama und Philologie studiert. Neben seiner Tätigkeit als Dramatiker und Drehbuchautor arbeitet Vujanovic als Redakteur beim Belgrader Radio B92 und TV B92. Radio B92 war sowohl während des Bosnienkrieges als auch während des Nato-Bombenkrieges gegen Serbien und Montenegro das wichtigste demokratisch-oppositionelle Sprachrohr gegen das Regime von Slobodan Milosević.

Slobodan Vujanovićs Stück Der Letzte Tod des Frenki Tränchen gehört zu einer Reihe neuer Stücke von serbischen Nachwuchsautoren, welche eine neue Richtung einschlagen innerhalb des Theaters und der Dramenliteratur in Serbien und Montenegro. Die Geschichte des Vaters, der seine eigenen Kinder töten will, dringt tief ein in die sozialen und moralischen Missstände im heutigen Serbien. Dabei wird sichtbar, wie die politischen und gesellschaftlichen Katastrophen auch den Mikrokosmos der Familie zerrütten und zu deren Verfall führen. Das Auseinanderbrechen der Familie wird zur Metapher für den Zerfall Jugoslawiens.

Das Stück ist in seiner zur Groteske gesteigerten Absurdität ebenso böse wie anrührend. Petars despektierlicher Umgang mit seiner Frau und seiner Tochter, seine Beleidigungen an die Schuldirektorin sowie Sanjas Anspielungen auf die Impotenz ihres Mannes lassen keinen Zweifel an Petars Vergangenheit. Wie so viele Soldaten in den Kriegen um Bosnien und den Kosovo – wie in allen Kriegen überhaupt – hat auch Petar an Vergewaltigungen teilgenommen. Auch er ist Täter und Opfer zugleich und wird gegenüber seiner Familie, deren liebender Vater er gerne wäre, erneut zum Täter.

Doch gerade in der Darstellung der moralisch und sozial zerstörten Welt bleibt Vujanovic Optimist. Dem realen Frenki, dargestellt von einem alten Schauspieler, tritt als geisterhaft-visionäre Gestalt ein junger Frenki auf: eine Variation der Figur als mögliche Überwindung der Gewalt durch eine neue Generation. Ein neuer Balkan, der Nationalismus und ethnischer Geschichtsverzerrung abschwört.

Kartenpreise: 12,- Euro, ermäßigt 9,- Euro.

Hamburger Sprechwerk
FON: 040 - 2442 3930
FAX: 040 - 4100 6619
mail: [email protected]
web: www.hamburgersprechwerk.de

 

Ab:
22.05.2009 um 20:00

Aufführungsort:
Hamburger Sprechwerk, Klaus-Groth-Str. 23, 20535 Hamburg, Deutschland

Veranstaltungsart:
Theater

Weitere Termine:

Sa 23.05.2009 um 20 Uhr



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