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Das Leben: ein Drama? - Dieses Drama: Ein Leben.

Kurt Franz wagt sich an das Unmögliche heran: Er skizziert in vier Einaktern das Leben in seiner gesamten Spannbreite. Von ersten verliebten jugendlichen Träumen (MONTE CARLO) über postpubertäre Depressionen (BUSCHENSCHANK) bis hin zu Gedanken über Schicksalsschläge und Pensionsversicherungen (HAARSCHNITT). Am Schluss des Lebens wartet immer noch der Tod. Aber zuvor gibt es noch eine ordentliche Ehrung (DIE EHRUNG).

Ein Liebesleben.. Das sich mit fortschreitendem Alter in Lebensliebe umwandelt.

Tiefsinnig, humorig, und mit Leichtigkeit wie ein Wasserfloh über die Oberfläche des Lebens gleitend, unter der sich manch tiefer See verbirgt.

LIEBESLEBEN

(bestehend aus MONTE CARLO und BUSCHENSCHANK)

1.

MONTE CARLO

Ein jugendlicher Traum in einem Akt

22 Seiten

PERSONEN: 1 H, 1 D

Karli, 14 Jahre, Jugendlicher

Hannerl, 14 Jahre, Jugendliche

Ort: Straße

Zeit: Tag

Zwei Jugendliche sind mit ihren Fahrrädern unterwegs. Der Junge will dem Mädchen imponieren und erzählt von seinem großen Coup: Im Casino hätte er eine Million Euro gewonnen, die er in der Bank von Monte Carlo angelegt hätte.

Das Mädchen ist skeptisch, nichtsdestotrotz ergehen sich beide in Tagträumen darüber, was jeder von ihnen mit so viel Geld wohl anstellen würde.

Hannerl aber beschließt, Karli letztendlich doch nicht zu glauben und fährt davon. Karli fährt ihr nach.

Ein erfrischend jugendlicher Einakter; ein kurzes Stück über die “alte” Generation der Jugendlichen, damals, als Jugendliche mit 14 Jahren noch Fahrrad fuhren, dabei Chips aßen und sich über Gangschaltungen und Lebensträume unterhielten.

Eine konservative Sicht auf die Welt der Jugend? Vielleicht.

Eine realistische? Wahrscheinlich nicht.

Eine hoffnungsreiche? Ja, schon.

 

2.

BUSCHENSCHANK

Der Ausklang eines Arbeitstages in einem Akt

21 Seiten

PERSONEN: 3 H, 1 D

Karl, 30 Jahre, Arbeiter

Ferdl, 30 Jahre, Arbeiter

Mitzi, 30 Jahre, Wirtin

Medizinalrat, 65 Jahre

 

Ort: Buschenschank

Zeit: Abend, Donnerstag

 

Karl und Ferdl sind zwei brav arbeitende Menschen, die zum Ausklang des Arbeitstages in ihrer Stammdorfkneipe noch den einen oder anderen Liter Wein genießen. Reden tun sie dabei: Über das Leben und die Welt. Über den Rausch, über die “Weiber”, über die wohlverdienten Schläge. Über das ewig gleiche Essen, über die Zukunft. Sie versuchen sich daran zu erinnern, wie das ist, wenn sie einmal tot sind. Wer sich in 200 Jahren noch an sie erinnern wird. Sie trinken. Sie trinken auf den “Adi” Hitler. Und: Was wäre passiert, wenn Deutschland damals den Krieg gewonnen hätte? Sie grapschen gerne. Und geilen sich an Selbstmorden von Bekannten auf. “Wie würdest DU dich umbringen?” Und Mitzi bringt immer brav den neuen Liter Wein. Und dann kommt: Der Herr Medizinalrat. Ein Angehöriger der Oberliga. Und der hat Gäste aus Berlin; denen will er das “Verhackerte” “vorstellen”. Weil er kein Geld dabei hat, schlägt er Mitzi einen Tausch vor: Verhackertes gegen Sonderbehandlung in der Praxis.

Und als dann die Feuerwehrsirene ertönt, stellt sich die nackte Wahrheit über die beiden Männer heraus: Karli und Ferdl sind zwar stockbetrunken, aber auch superglücklich. Weil sie heute zum ersten Mal als erste am Brandort sein werden; weil: Immerhin sind sie ja schon angezogen. Da werden die anderen Feuerwehrleute aber schaun.

Eine Szene in einem Landgasthaus, wie sie schöner nicht hätte beschrieben werden können. Zwei übrig gebliebene Säufer des Dorfproletariats, die, weil sie es einfach nicht anders wissen, trotz ihrer verbalen Stumpfinnigkeiten fast liebenswert anmuten, aus dem einen Grund, weil sie so etwas wie “Heimatgefühl” vermitteln.

 

Das ist AUCH Österreich.

Nein.

Das IST Österreich.

 

LEBENSLIEBE

(bestehend aus HAARSCHNITT und DIE EHRUNG)

 

3.

HAARSCHNITT

Eine wirksame Kopfmassage in einem Akt

15 Seiten

PERSONEN: 1 H, 1 D

Frau Erika, 50 Jahre

Herr Scherer: 55 Jahre

 

Ort: Frisiersalon

Zeit: Tag, Regen

 

Scherer ist Stammgast bei Frau Erika; Waschen, schneiden, und das Shampoo gegen Schuppen, wie immer, vielleicht rasieren. Wir beobachten ein Gespräch beim Friseur zweier Menschen, die am Ende des zweiten Drittel ihres Lebens angekommen sind.

Gesprächsthemen: Kopfmassagen anderer Friseure, der Tod, das Schicksal, Schicksalsschläge, Schutzengel, Pensionsversicherungen. Scherer, der Pensionsversicherungen vertreibt, lädt Erika ein, zum Abendessen. Zum geschäftlichen Abendessen, versteht sich. Naja, vielleicht DOCH ein Rendezvous. Und macht Erika Komplimente.. Die bleibt zwar passiv, aber freut sich irgendwie doch. Komplimente hat sie schon lange nicht mehr gehört. Und Scherer stellt dem Unglück dieser Welt und dieses Lebens den Duft von Holunderblüten entgegen und seine Sehnsucht nach dem Verschmelzen mit der ganzen Welt. Er biteet Erika das Du-Wort an. Ebenso tut Erika. Und: das Haareschneiden ist heute gratis. So macht man das unter: Freunden..

Ein Zusammentreffen zweier Menschen, die sich selbst in einen neuen Kontext stellen und sich somit neu kennen lernen. Ein Schnippchenschlagen wider die Vergänglichkeit? Ein Aufblühen einer Liebe? Oder eine Nutzen-Kosten-Einsamkeits-Gemeinsamkeits-Abwägung?

Ein Klassiker der Frisiersalonliteratur allemal.

 

4.

DIE EHRUNG

Ein feierlicher Nachmittag in einem Akt

37 Seiten

PERSONEN: 4 H, 3 D

Anneliese Böhm, Pensionsgast, 78 Jahre

Friedrich Pichler, Pensionsgast, 75 Jahre

Maria Pichler, Pensionsgast, 81 Jahre

Richard Großschädel, Pensionsgast, 75 Jahre

Lieselotte, Kellnerin, 20 Jahre

Bürgermeister, 45 Jahre

Vizebürgermeister, 40 Jahre

 

Ort: ein Bergdorf auf 1000 Meter Seehöhe, Gasthausterrasse

Zeit: Herbst, Nachmittag

 

Fünf alte Menschen erleben heute ihren besonderen Nachmittag. Der Bürgermeister und der Vizebürgermeister kommen zu ihnen auf den Berg, um sie zu ehren.. Als Dank für den Dienst an der Gemeinde. Heimatlieder werden den schweren Erinnerungen des Lebens gegenübergestellt, der Krieg ist bei manchen doch noch nicht so verdaut, wie er das gerne wäre, der Wein schmeckt immer noch und man erwartet sich diesmal die diamantene Anstecknadel. DIE gibt es aber nicht mehr. Es gibt nur noch Einheitsanstecknadeln, denn: Ehrungen werden fortan JEDES Jahr vollzogen und nicht mehr nur zu Jubiläen.

Ein Grund zur Freude? Eigentlich ist es auch egal.

Und bevor es begonnen hat, ist es eigentlich schon wieder vorbei. Der große Festakt war ein kurzer, wie das Leben.

Da geht´s der jungen Kellnerin schon besser, die hat das Leben noch vor sich.

Fünf alte Menschen, die eine kleine Freude erleben besinnen sich in Gesprächen und schieben diese Besinnung gleich wieder weg. Die schönen Momente im Leben sind zwar schön, aber kurz. Dafür aber hat man im Alter den Vorteil der Nachmittagsrast: um zum Abendessen ausgeschlafen zu sein.

Deprimierend?

Oder realistisch?

Ausgeschlafen oder nicht:

Das war das Leben.

 

FAZIT

LIEBESLEBEN - LEBENSLIEBE

Kurt Franz zeichnet in seinem Panoptikum menschlicher Emotionen spannungsgeladene Bilder von sprachlich anmutender Leichtigkeit, hinter denen sich Spiegelbilder der Seele in den 4 Lebensabschnitten Jugend, Erwachsenenalter, Mittleres Alter und Alter zeigen.

MONTE CARLO: Ein Stück über DEN Abschnitt des Lebens, in dem noch alles möglich ist, romantisch verträumt, realistisch pubertär.

BUSCHENSCHANK: Zwei Männer, die, zwar hochgradig dem Suff verfallen, noch Hoffnungen in ein Leben setzen, das nicht immer die erwünschte Erfüllung gebracht hat.

HAARSCHNITT: Die Resignation vor dem Älter-Werden und doch ein Neubeginn unter dem Motto: Neue Liebe - neues Glück.

DIE EHRUNG: Der Moment, an dem alle Erlebnisstränge zusammenlaufen und ein einheitliches Bild des Lebens weben.

 

"Leben, um zu lieben" verwandelt sich in "Lieben, um zu leben"; eine reife Sichtweise der Alltäglichkeit, die jedem Lebensabschnitt eine ihm eigene Bedeutung zumisst.

Während die Jugend geprägt ist von Hedonismus, der Suche nach dem großen Glück, Phantasiewelten und Hormonlastigkeit zu Lasten der Vernunft, hält einem das junge Erwachsenenalter schon so manchen Spiegel vor: War das jetzt schon alles? Oder kommt da noch etwas? Und: Was wäre eigentlich gewesen, wenn? Man könnte das junge Erwachsenenalter sogar das Alter des Konjunktivus Irrealis nennen, der, 20 Jahre später, im Mittleren Alter gestützt wird von Demut und Dankbarkeit dem verbleibenden Leben gegenüber; und: dass es vielleicht doch nicht so schlimm gekommen ist, wie es hätte kommen können. Wie gut oder schlimm das Leben dann de facto war, das stellt sich heraus, wenn langsam alles dem Ende zugeht. Im Alter werden Lebensgeschichten neu geschrieben, zusammengefasst, vielleicht wird auch manche Erinnerung zu Gunsten der Lebensdramaturgie überarbeitet.

Regeln dafür gibt es keine, aber eines ist dabei gewiss: Erfüllung findet, wer Erfüllung sucht. In JEDEM Abschnitt des Lebens.


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